AVIVA-Berlin >
Kunst + Kultur
AVIVA-BERLIN.de im November 2024 -
Beitrag vom 14.10.2003
8. ChansonFest 2003 vom 23. bis 26.10.2003 im BKA-Theater
Anja Kesting
Das größte Festival seiner Art im deutschsprachigen Raum gibt vier Tage lang Einblicke und Aussichten in die Strömungen der Berliner und überregionalen Neuen Chansonszene
Eine hochkonzentrierte Plattform unter der künstlerischen Leitung von Boris Steinberg, die neben bekannten Berliner KünstlerInnen wie Manfred Maurenbrecher, Ekki Busch und Tanja Ries auch wieder Neues und Überraschendes enthüllt. Und schwerpunktmäßig im Laufe der Jahre gewachsen: Die Kombination neuer deutscher Popmusik mit dem klassischen Chansongenre erkunden Acts wie Bernadette La Hengst, Erdmöbel, Helikon oder Schneewittchen.
Zum Programm:
Donnerstag, 23. Oktober ab 20 Uhr:
Ekki Busch Terzett, Lisa Berg, C.Weber/T.Beckmann, Rainer Bielfeldt
Auch sein neues Programm nutzt das Ekki Busch Terzett zur Warnung vor den Gefahren jugendverherrlichender Rockmusik. Aufgeklärt wird über die verhängnisvolle Wechselwirkung von Schlaghosen und Schlager. In Berlin schon längst und lange mit Ruhm und Ehre auf den Bühnen zu Hause, tourt das muntere Trio immer und immer wieder von Kiel bis Zwickau, um aber, rechtzeitig zum diesjährigen Fest, die neue CD zu präsentieren. Ekki Busch, der in den 80er Jahren bei The Benjamins spielte und in den 90ern bei Element of Crime am Akkordeon wirkte, ist Begründer des Terzetts.
Die Sängerin/Texterin Lisa Berg und der Pianist/Komponist David Ruosch, beide Schweizer, zählen in ihrer Heimatstadt Zürich zum festen Bestandteil der dortigen Kulturszene. Berlin war zuerst nur eine Anlaufstation um Freunde zu besuchen, aber die Stadt ließ sie nicht mehr los und so ist seit dem vergangenen Sommer der Prenzlauer Berg zum Hauptwohnsitz und Schaffensort für beide Künstler geworden. Das Resultat ist ein Abend mit romantisch-ironischen Liedern in Hochdeutsch und Mundart und einer Musik die irgendwo zwischen Chanson, Blues, Salonmusik und Ländlern liegt.
Spätestens seit ihrem Auftritt beim Chansonfest vor zwei Jahren sind Christiane Weber und Timm Beckmann nicht mehr zu bremsen. Im Ruhrpott sowieso schon lange als die neuen Stars des Chansons gefeiert, folgten bundesweit Konzerte ohne Ende. Beim diesjährigen Chansonfest stellen die MusikerInnen Lieder und Chansons aus dem neuen Programm "Kurz vor unendlich" vor. Das Publikum erwartet eine wilde Mischung überwiegend eigener Songs, quer durch verschiedenste Musikstile, Geschichten über Plunderteilchen, fliegende Teppiche, Salmonellenvergiftungen, Nasenoperationen und böse Schwiegermütter. Nichts ist vor ihnen sicher.
Rainer Bielfeldt ist wieder Single. Zumindest auf der Bühne und vorübergehend. Als kongenialer Begleiter von Tim Fischer, Julia Kock und natürlich Gayle Tufts hat man ihn in den letzten Jahren auf allen Bühnen bundesweit erleben können. Nun, mit der dritten Solo-CD im Gepäck, ist Bielfeldt wieder alleine unterwegs. Ohne Scheu vor großen Gefühlen, schreibt er eingängige Popchansons und hymnische Balladen über die verschiedensten Facetten der Liebe. Er bietet mit aller Selbstverständlichkeit eine beispiellose Bandbreite an bissig-satirischen, nachdenklichen und melancholischen Liedern - alle voller Wahrheiten und mit einer atemberaubenden Harmonie zwischen Text und Musik.
Freitag, 24. Oktober ab 20 Uhr:
Wiebke Wiedeck, Manfred Maurenbrecher, Bernadette La Hengst, Erdmöbel
Wiebke Wiedeck hat sich in den letzten Jahren zu einer der namenhaftesten Chansonsängerin der Berliner Szene entwickelt. Die ehemalige Background-Sängerin von
Poems for Laila präsentierte in diesem Frühjahr ein neues Repertoire an Liedern. In
"Dinge des Lebens" trifft Chanson auf Tanz, eine charismatische Mischung aus Darstellern, Poesie, Unterhaltung und Leidenschaft. Mambo reiht sich an Tango, alte Jazzklassiker liebäugeln mit poetischen Worten - und was alles miteinander vereint, sind die Texte, die lächeln lassen und nachdenklich stimmen, die sinnlich und frech sind und die der Leidenschaft nachspüren.
Manfred Maurenbrecher ist ein Urgestein in der deutschsprachigen LiedermacherSzene und ein immer wieder gern gesehener Gast beim Chansonfest. Wer ihn kennt weiß, dass es ein festes Programm solo am Klavier eigentlich nicht gibt. Immer wieder kommen unterwegs neue Lieder und Geschichten dazu, werden uralte überraschend zurückgeholt. Das macht die Konzerte von MM immer wieder lebendig, einzigartig und neu.
Bereits in den 80ern veröffentliche Bernadette la Hengst erste Songs auf dem Fast Weltweit Label, zusammen mit Frank Spiler, "Die Sterne", und Jochen Distelmeyer, "Blumfeld". 1990 ging sie nach Hamburg gründete "Die Braut haut ins Auge", brachte frischen Wind in die Männer-Musikszene, bis sich die Band 1999 trennte. Ihre neue CD hat La Hengst fast im Alleingang eingespielt - und es hört sich gut an ohne Rock. Man könnte die neuen Songs eher mit charmanter Wohnzimmer Musik vergleichen. Sehr eigen, irgendwie mit dem 80er-Retro Hauch, aber doch brandaktuell. Und auf der Bühne präsentiert die Power-Frau ihre Songs allein an der Gitarre, unterhaltsam und beeindruckend.
Im Rahmen ihrer Deutschlandtour gastiert die Kölner Band "Erdmöbel" im BKA-Theater. Geliebt als große Melancholiker präsentieren die vier Musiker um Songschreiber Markus Berges auf ihrer fünften CD "Altes Gasthaus Love" das von ihnen Unerwartete: frohe, schwingende Lieder voller angriffslustiger großer Melodien. Erdmöbel sind hier anders, als frau sie kannte. Dennoch sind die neuen Songs mit der großen Freude am Kleinen, für alle verständlich und voll verdrehter Eigenwilligkeit auch wieder typisch für diese Band.
Samstag, 25. Oktober ab 20 Uhr:
Uwe Felski, Schneewittchen, Helikon, Tanja Ries
Nach Lebensabschnitten in Hamburg, London und Köln, kam Uwe Felski in der Silvesternacht 2000 nach Berlin. Seitdem liebt er seinen Kiez Kreuzberg, und inspiriert von seiner neuen Stadt, beginnt er seine ersten deutschsprachigen Songs zu schreiben. Seine Musik, mal melancholisch, mal komisch-katholisch, berührt, weil sie aus seiner sensiblen und vielseitigen Verarbeitung seiner Gedanken und Empfindungen entsteht.
Marianne Iser und Thomas Duda alias Schneewittchen präsentieren ihre neue CD und Ausschnitte ihres Programms "Messer in der Brust" beim diesjährigen Chansonfest zum ersten Mal in Berlin. Die Themen, die Schneewittchen auf die Bühne bringen, sind uralt, so wie die Grausamkeit der Märchen. Tod und Schmerz bedeuten kein Tabu. Von der Liebeserklärung bis zum Mord wird dem Publikum alles um die Ohren geklatscht, was den beiden auf der Seele brennt. Ob nun Chanson, Gothic-Art oder Pop-Rock, wie immer man es auch nennen mag, einordnen lässt sich Schneewittchen nicht. Sie sind außergewöhnlich und losgelassen.
Das Duo Helikon aus Hamburg gehört zu den Bands, die man vor ein paar Jahren unter den Begriff Hamburg macht Schule einordnete. Jene Musikbewegung, die in der Hansestadt ihre Ursprünge machte und Bands wie z.B. Blumfeld zu Erfolg verhalf. Auch Helikon zählen seitdem zu den erfolgreichsten Bands dieser Richtung.
Mit ihrer letzten CD "nicht irgendwo, sondern hier", wuchs das Duo um Anne Otto und Jochen Schmadtke zu einer fünfköpfigen Band heran. Inzwischen präsentieren sich die Beiden aber wieder vorrangig im Doppelpack, so dass sich nicht nur etwas Minimalistisches und Folkloristisches in ihren Liedern, sondern auch in ihrer Bühnenshow widerspiegelt.
Metanoia heißt die vierte CD, mit der Tanja Ries und ihre Band im vergangenen Jahr im BKA Luftschloß Premiere feierte. Nun weiß jede, dass es sich nicht nur um die Entführung in ihre seltsame Welt der Bilder und Gedanken handelt, sondern auch um die Entführung in die unwiderstehlichen Klang- und Gefühlswelten ihrer Musik. Wie Lichtblicke in der Dämmerung wandelt sich die Stimmung- nach oben, nach vorn, geradeaus. Die Texte sind Schilderungen einer Odyssee durch die Innenwelt, weit entfernt von den üblichen Herz-Schmerz-Kitsch-Reimen.
Sonntag, 26. Oktober ab 20 Uhr:
Sebastian Fischer, Manuela Sieber, Boris Steinberg, Monika Seibt
Sebastian Fischer gilt in der Berliner Chansonszene spätestens seit vergangenem Sommer als offener Geheimtipp. Mit den Chansons der französischen Sängerin Barbara hat er sich eingehend beschäftigt und noch immer liegen ihm diese sehr am Herzen - jedoch wird er beim diesjährigen Fest vorrangig seine eigenen deutschsprachigen Lieder zum Besten geben. Ob es darum geht, Pernod als Liebesbeweis für Paulette zu trinken, oder darum, die russischen Freunde mit einer selbstgemachten Spaghettisauce zu beeindrucken oder um Frösche, die im Bauch Liebeslieder singen - zusammen mit seinen Musikern entstehen kraftvolle Geschichten.
Die in Dresden geborene Manuela Sieber ist wohl die Neuentdeckung des diesjährigen Chansonfestes. Nach abgeschlossenem Gesangsstudium in Dresden und Berlin, landet sie zunächst in Musicals und Operetten, sowie in Hamburg in der "Buddy Holly Story". Erste eigene Schritte im Bereich Song/Chanson, machten sie prompt zur Gewinnerin des Ralph-Benatzky-Chansonpreises in der Kategorie Neuschöpfungen. 2001 dann der Umzug nach Berlin, Zusammentreffen mit dem Gitarristen Jürgen Grohs, mit dem sie fortan im Duo Konzerte bestreitet. Ihre Songs gehen unter die Haut, treffen ins Herz, beeindrucken mit ihrer emotionalen Vielfalt. Das brachte ihr den Nachwuchsförderpreis für Songpoeten 2003 der Hans Seidel Stiftung in München ein.
Vor drei Jahren trat Boris Steinberg zum letzen Mal selbst beim Chansonfest auf. Als Veranstalter des Festes, hielt er sich in den letzten Jahren mehr im Hintergrund auf, organisierte und plante, damit alles glatt über die Bühne ging. Seine musikalischen Wege der HerzkammerpOp-Tour führten ihn dennoch bundesweit (und auch in Polen) durch große und kleine Städte. Beim diesjährigen Fest präsentiert er Ausschnitte seiner fünften CD "Die Stille der Gewohnheit". Aus den einst so schwermütigen Chansons sind mit der Zeit gar poppige, oftmals optimistische Balladen geworden.
Die in Tschechien geborene Sängerin Monika Seibt ist geprägt durch das tschechische ChansonTheater, welches so namenhafte Künstler wie Haná Hegerová hervorbrachte, die mit ihren Chansons international Erfolge feierte und in derer Tradition sie sich selbst am meisten sieht. Nur begleitet von Klavierklängen, mit einer geballten Ladung slawischem Temperaments und der wohl dunkelsten Stimme seit Dunja Rajter und Alexandra, entführt Monika Seibt ihr Publikum in die Welt ihrer Lieblingslieder, ihrer Idole. Und hat doch zu jedem Lied ihre ganz eigene persönliche Geschichte, ihre eigene Note und Interpretation.
AVIVA-Berlin verlost jeweils 3 x 2 Eintrittskarten für die Chansonabende vom 24. bis 26. Oktober 2003. Senden Sie uns eine eMail mit Angabe ihres Wunsch-Chansonabendes an folgende Adresse:
gewinnspiel@aviva-berlin.de8. ChansonFest 2003Moderation: Corinne Douarre
BKA-TheaterMehringdamm 34
Berlin-Kreuzberg
23. bis 26.10.2003
täglich 20 Uhr / Einlass 19 Uhr
21 / 15 / 9,- €
Tickethotline 030/20 22 007